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A-2.1.2.9 Parameterauswahl - Einsatz von Summenparametern

Die Auswahl der gemäß Untersuchungsprogramm zu untersuchenden Parameter muss vor der Durchführung einer Probenahme erfolgen, da diese in der Regel darauf ausgerichtet werden muss.

Die Untersuchung eines bestimmten Parameters dient zudem stets einem bestimmten Zweck. Dies kann z. B. die Charakterisierung eines Materials sein, eine Überwachung, die Eingrenzung einer Kontamination, eine Plausibilitätsprüfung anderer Messungen oder auch die Erfüllung behördlicher Auflagen. Kein Parameter sollte ohne konkrete Aufgabe untersucht werden, d. h. die Messergebnisse für jeden Parameter müssen auch ausgewertet, angemessen dargestellt und beurteilt werden. Allein eine Auflistung der untersuchten Parameter sowie der Messergebnisse ist (sofern nicht ausdrücklich so vereinbart) nicht ausreichend.

Die Auswahl der zu untersuchenden Parameter ist im Untersuchungsplan zu begründen.

Neben den stoffspezifischen Parametern werden oft auch sog. „Summenparameter“ untersucht. Diese resultieren zum einen aus Untersuchungsverfahren, die funktionale Eigenschaften bestimmter Stoffgruppen nutzen, wie z. B. TOC (gesamter organischer Kohlenstoff), CSB (chemischer Sauerstoffbedarf), EOX oder AOX (eluierbare/adsorbierbare halogenierte Kohlenwasserstoffe) oder der sog. Phenolindex.

Ein anderer oft genutzter Parameter ist der „Mineralölkohlenwasserstoff-Index“ MKW. Dieser soll als Maß für die Menge einer Vielzahl vorhandener Kohlenwasserstoffverbindungen dienen und wird berechnet nach einer gaschromatischen Detektion mit Integration des Chromatogramms unter der Annahme, dass es sich um ein Gemisch aus Diesel und Schmieröl handelt. Da das Stoffgemisch in der Praxis auch ganz anders zusammengesetzt sein kann, stellen die Messwerte nur einen Index dar und keinen realen Stoffgehalt (obwohl auch der Index in mg/l oder mg/kg angegeben wird). Das Untersuchungsergebnis bedarf in jedem Fall einer zusätzlichen Erläuterung. Die Chromatogramme sind stets zur Auswertung heranzuziehen. Ausgewählte typische Chromatogramme sind im Untersuchungsbericht darzustellen und zu erläutern (siehe auch Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie (2005): Auswertung von Mineralöl-Gaschromatogrammen.- Handbuch Altlasten, Band 3, Teil 5).

Andere „Summenparameter“ (z. B. BTEX, LHKW, PAK, PCB, PFC) entstehen durch reines Aufsummieren der zuvor separat bestimmten einzelnen Verbindungen. Diese Vorgehensweise wurde in der Vergangenheit vor allem für eine rasche orientierende Beurteilung genutzt, ist aber ohne Betrachtung der Gehalte und Verteilung der Einzelstoffe für eine Gefährdungsabschätzung nicht ausreichend.

Dies ist auch dadurch begründet, dass bei einigen Summenparametern der Umfang der zu summierenden Einzelstoffe nicht eindeutig festgelegt oder Veränderungen unterworfen ist.

Zum Beispiel ist bei BTEX die Anzahl der Einzelstoffe in der Anlage 2 der BBodSchV (2021) festgelegt als: Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylole. Die BBodSchV enthält für BTEX ausschließlich Prüfwerte für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser. Werden Gehalte im Feststoff für eine abfallrechtliche Bewertung nach EBV untersucht, fließen in den Summenparameter BTEX jedoch neben Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylole auch Styrol und Cumol ein. Die Zusammensetzung der Summe ist hier also abhängig von der rechtlichen Grundlage. Die Definition des Parameters LHKW in der Anlage 2 der BBodSchV ist für die praktische Umsetzung nicht anwendbar. Es gibt theoretisch hunderte von halogenierten C1- und C2-Kohlenwasserstoffen, von denen nur einige praktisch relevant und mit vertretbarem Aufwand analysierbar sind. Der aufsummierte Wert wird dadurch abhängig davon, welche und wie viele Verbindungen bestimmt werden. In jedem Fall muss bei der Verwendung von Summenparametern nachvollziehbar sein, welche Einzelergebnisse für die Summenbildung herangezogen wurden (§24 BBodSchV).

In der Methodensammlung Feststoffuntersuchung, herausgegeben vom LAGA Forum Abfalluntersuchung und dem Fachbeirat Bodenuntersuchung (FBU) finden sich im Abschnitt II.7.2 (Abfall-/Boden- und Altlastenuntersuchungsrelevante organische Stoffgruppen) Auflistungen und Empfehlungen dafür, welche Verbindungen den jeweiligen Stoffgruppen (BTEX, Chlorbenzole, Chlorphenole, LHKW, PAK, PCB, PFC usw.) zuzurechnen sind (siehe https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/kommissionen-beiraete/fachbeirat-bodenuntersuchungen-fbu#aufgaben).

Zum anderen haben die aufsummierten Verbindungen oft unterschiedliche Eigenschaften hinsichtlich ihrer Mobilität, ihres natürlichen Abbauverhaltens, ihrer toxikologischen Eigenschaften usw. Eine Gefahrenbeurteilung über einen aufsummierten Parameter wird dadurch sehr unsicher. Die Möglichkeiten einer Summenbildung über Toxizitätsäquivalente (wie etwa bei Dioxinen oder PFC) sind für verschiedene Stoffgruppen unterschiedlich und oft wissenschaftlich noch nicht ausreichend abgesichert.

Bei der Beobachtung der räumlichen und zeitlichen Ausbreitung der Stoffe, gehen wichtige Informationen verloren, wenn allein die „Summenwerte“ betrachtet werden. Auch lassen sich selektiver natürlicher Abbau und die Wirksamkeit einiger Sanierungsverfahren nur mit Betrachten der Einzelstoffe beurteilen. Ggf. ist es z. B. bei Überwachungen ausreichend und zielführender, nur bestimmte Einzelstoffe zu betrachten, statt alle, die üblicherweise zu einem „Summenwert“ gehören (siehe auch Parameterauswahl/Summenparameter beim Grundwassermonitoring im Infoblatt AH BoGwS aktuell, Ausgabe 16/2014; Bezug über www.leitstelle-des-bundes.de.

Spezielle Parameter bei Kontaminationen durch Vergaserkraftstoffe - MTBE

Seit den 1980er Jahren wird in Deutschland Methyl-tertiär-butylether (MTBE) und untergeordnet auch tert-Amylmethylether (TAME) zur Verbesserung von Vergaserkraftstoffen eingesetzt (in den USA bereits wesentlich eher). Dieser Stoff ist biologisch kaum abbaubar und kann sich gut in Grund- und Oberflächengewässern ausbreiten. Er ist daher von besonderer Relevanz für Trinkwassernutzungen. In jüngster Zeit wird der Einsatz von MTBE in Kraftstoffen aufgrund von Steuervergünstigungen für Bio-Kraftstoffe fast vollständig durch Ethyl-tertiär-butylether (ETBE) ersetzt. Dieser Stoff hat aus Sicht des Grundwasserschutzes ähnlich problematische Eigenschaften wie MTBE. Als Folge wurde der GFS der LAWA 2016 angepasst: Es gilt ein zusammenfassender GFS für alle Etheroxygenate (MTBE, ETBE und TAME) von 5 µg/l, wobei der Anteil an ETBE maximal 2,5 µg/l betragen darf (s. GFS 2016, https://www.lawa.de/documents/geringfuegigkeits_bericht_seite_001-028_1552302313.pdf)

Bei Kontaminationen durch Vergaserkraftstoffe sind die laboranalytischen Untersuchungen der Nutzungshistorie des Standortes anzupassen und erforderlichenfalls auch die Parameter MTBE und ETBE zu berücksichtigen.


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