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A-2.1.2.8 Berücksichtigung natürlicher Schadstoffminderungsprozesse

Grundlagen

Seit Ende der 1990er Jahre wurde in Deutschland immer ausführlicher über den natürlichen Rückhalt und Abbau von Schadstoffen in Böden und Grundwasser diskutiert. Sicher ist, dass dieser Rückhalt und Abbau seit jeher existiert, auch wenn diese Prozesse bis dahin in Deutschland nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Im US-Amerikanischen Raum ist dagegen schon seit langem von „natural attenuation“ (NA) die Rede. „Monitored natural attenuation“ (MNA) wird dafür verwendet, wenn zusätzlich eine Überwachung der Prozesse stattfindet. Gemäß §2 (17) BBodSchV sind unter dem Begriff natürliche Schadstoffmidderung alle biologischen, chemischen oder physikalischen Prozesse zu verstehen, die zu einer Verringerung der Masse, des Volumens, der Fracht, der Konzentration, der Toxizität oder der Mobilität eines Schadstoffes im Boden oder im Grundwasser führen.

Ein „MNA-Konzept“ kann als Alternative zu einer aktiven Sanierungsmaßnahme akzeptiert werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dies sind vor allem:

  • Andere, aktive Sanierungsmaßnahmen sind nicht (mehr) verhältnismäßig.
  • Es erfolgte eine Sanierung der Schadstoffquelle bzw. eine Reduktion des Schadstoffaustrags.
  • Es findet ein natürlicher Schadstoffabbau statt, der hinreichend quantifizierbar ist.
  • Die Schadstofffahne im Grundwasser ist schrumpfend oder quasi stationär.

Weiterhin ist §17 (4) BBodSchV zu beachten. Werden die natürlicherweise ablaufenden Prozesse technisch durch hydraulische, biologische oder chemische Verfahren unterstützt, wird dafür der Begriff „Enhanced Natural Attenuation“ (ENA) verwendet

Begriffsdefinitionen und Empfehlungen für die praktische Vorgehensweise sind übersichtlich im Positionspapier „Berücksichtigung natürlicher Schadstoffminderungsprozesse bei der Altlastenbearbeitung“ der LABO (Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz, Ständiger Ausschuss Altlasten – ALA, Ad-hoc Unterausschuss „Natürliche Schadstoffminderung") zusammengestellt (ursprüngliche Version vom 10.12.2009).

Mit Stand vom 15.09.2015 wurde das Positionspapier um den neuen Anhang 3 "Empfehlungen zur Verhältnismäßigkeitsbetrachtung bei der Entscheidung über die Durchführung von MNA" erweitert und umbenannt in „Berücksichtigung der natürlichen Schadstoffminderung bei der Altlastenbearbeitung“: www.labo-deutschland.de. Die Umweltministerkonferenz hat der Veröffentlichung des aktualisierten Positionspapiers durch Umlaufbeschluss (Umlaufverfahren Nr. 22/2015) zugestimmt.

Auf Vorschlag der LABO wurde vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ – eine „Auswertung von MNA-Konzepten in Deutschland - Zustandsanalyse“ in Auftrag gegeben und unter fachlicher Begleitung des ständigen Ausschusses „Altlasten“ (ALA) der LABO durchgeführt. Gegenstand ist eine Analyse zur Bandbreite behördlichen Handelns bei der Umsetzung von MNA-Konzepten, orientiert an den Empfehlungen des LABO-Positionspapiers „Berücksichtigung der natürlichen Schadstoffminderung bei der Altlastenbearbeitung“. Der Schlussbericht vom 28.11.2014 zu dieser Auswertung ist auf der Website des UFZ https://www.ufz.de/index.php?de=38856; Zugriff: Mai 2020) verfügbar.

Das Positionspapier zeigt einen Weg auf, wie die zuständigen Bodenschutzbehörden ihr Ermessen ausüben können und im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung von Maßnahmen über die Beobachtung von natürlichen Schadstoffminderungsprozessen auf der Basis eines „MNA-Konzepts“ entscheiden können. Es wird jedoch auch verdeutlicht, dass es sich hierbei immer um eine Einzelfallentscheidung handelt, die in enger Abstimmung zwischen Pflichtigem und Behörde getroffen werden sollte.

Neben dem Positionspapier der LABO bieten die Internetseiten des BMBF-Förderschwerpunktes KORA („Kontrollierter natürlicher Rückhalt und Abbau von Schadstoffen bei der Sanierung kontaminierter Böden und Grundwässer“) unter www.natural-attenuation.de einen guten Einstieg zur Suche nach speziellen Informationen.

Gefährdungsabschätzung

Natürliche Schadstoffminderungsprozesse sind bei der Gefährdungsabschätzung als Standortgegebenheit (wie z. B. die geologischen oder hydrogeologischen Gegebenheiten) zu betrachten. Nach §13 (6) BBodSchV müssen sie spätestens in der Phase IIb wie alle anderen Standortgegebenheiten im erforderlichen Umfang untersucht und gewürdigt werden. Grundsätzlich ist auch in der wasserungesättigten Bodenzone der natürliche Abbau und Rückhalt von Schadstoffen bei der Gefährdungsabschätzung zu berücksichtigen. Nur wenn die Schadstoffminderungsprozesse identifiziert und hinreichend quantifizierbar sind, können sie gemäß §17 BBodSchV (2021) im Rahmen der Entscheidung über Sanierungsmaßnahmen berücksichtigt werden.

Praxisbezogene Anwendung

Natürliche Rückhalte- und Schadstoff-Abbauvorgänge sind dahingehend zu beurteilen, ob sie für eine wirtschaftliche Gefahrenbeseitigung kontrolliert genutzt bzw. unterstützt werden können.

Zum Abbau von organischen Schadstoffen (z. B. MKW, BTEX, LHKW, PAK, Nitroaromaten) ist eine ausreichende Verfügbarkeit von Elektronenakzeptoren erforderlich. Die Ermittlung des Abbaupotenzials erfolgt im Rahmen der Boden- bzw. Grundwasseruntersuchung. Sofern nicht bereits Kenntnisse bezüglich der Grundwasserbeschaffenheit vorliegen, sind folgende Parameter zu ermitteln:

  1. pH-Wert, Leitfähigkeit, Redoxspannung, Sauerstoff, Nitrat, Sulfat, Phosphat und Kohlendioxid
  2. Ergänzend ggf. Eisen II und III, Mangan II und IV, Ammonium, Nitrat, Nitrit, Methan, DOC, Säurekapazität, Chlorid sowie die Haupt-Kationen Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium

Signifikante Differenzen zwischen den Konzentrationen dieser Parameter im unbelasteten Anstrom und den Konzentrationen im belasteten Bereich bzw. im Abstrom dienen als Nachweis für stattfindende Abbauprozesse im Grundwasserleiter und ermöglichen eine Abschätzung des Abbaupotenzials.

Der Nachweis, dass ausreichend Abbaupotenzial zur Verfügung steht, muss kontinuierlich erbracht werden. Dazu sind zeitlich gestaffelte Untersuchungen zu vergleichbaren Bedingungen notwendig. Im Zuge dieser Untersuchungen kann der Umfang auf die wesentlichen Parameter, die für den jeweiligen Standort an den Abbauprozessen beteiligt sind, reduziert werden.


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